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Personal Agility oder Personal Fragility?

Aufgrund von Abschlussprüfungen in einer anderen laufenden Weiterbildung, werde ich die letzten zwei Blöcke zu Personal Agility fehlen. Deshalb fasse ich die ersten zwei Halbtage zusammen und werde mir das Versäumte im Selbststudium nacharbeiten, Fragen durch Klassenkameraden erläutern lassen und auch Blogbeiträge dazu lesen.

Das Thema Personal Agility bestand im CAS aus 4 Blöcken und handelt über die Themenkreise Mensch und Hilfsmittel. Es ging dabei um den Erfolgsfaktor, der bei agil funktionierenden Systemen nicht weniger wichtig ist, als in anderen Themenstellungen: Die Relevanz des Menschen und sein wertebasierter Einfluss auf das System. Mehr dazu jedoch nachfolgend.

Being agile versus Doing agile
Ein sehr nachvollziehbarer Grundsatz. Kein Ansatz, keine Methode oder Tool kann dem Prinzip gerecht werden, wenn die persönliche Haltung fehlt. Eine sehr herausfordernde Voraussetzung denke ich. Denn die Haltung setzt ein gewisses Mass an emotionaler Intelligenz voraus, dass leider nicht jedem in die Wiege gelegt zu sein scheint. Emotionale Intelligenz deshalb, weil es voraussetzt, sich und das System in vielschichtiger Weise wahrzunehmen. Die Fähigkeit, aufgrund der Beobachtungen das erforderliche beizutragen und dabei Werte und Prinzipien nicht nur zu leben, sondern sich selbstverständlich danach zu verhalten.

Worüber ich noch unschlüssig bin ist die Aussage, dass man «agil» in frühestens zwei Jahren werden kann. Ich frage mich, worauf sich diese Frist bezieht. Auf die Interaktion innerhalb der Gruppe, in der man sich irgendwann voll-agil bewegt? Gibt es eine vollkommene Agilität? Ist diese Gruppe/System nicht auch Veränderungen ausgesetzt und deshalb nie in der Lage, an diesem Agilitätsziel anzukommen, und die kontinuierliche Bestrebung es werden zu wollen, das Ziel ist? Auch wenn es auf die Agilität der Einzelperson bezogen ist: Wird davon ausgegangen, dass Menschen nicht agil geboren werden und sich dahin zuerst entwickeln können? Kann es nicht auch sein, dass Einzelne einfach agiler sind als andere, soz. als Ergebnis und Laune der Natur? Denn die Werte, die David in diesem Modul uns vorstellte, schreibe ich mir durchaus auch jetzt zu, auch wenn mir die Agilitätsmethoden in der Anwendung bisher noch fremd waren.

Der leicht philosophische Charakter meiner Fragen ist mir bewusst. Sie entstanden, weil ich bezüglich des Leitsatzes für mich interpretieren wollte, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine durchaus agile Haltung (Being) verfüge, obwohl ich bisher in agilen Projekten (methodisch (Doing)) nicht mitgewirkt habe. An meiner Selbstführung und damit Überlastung kann ich sicherlich arbeiten. Deshalb erachtete ich mich aber in meinem Mindset nicht als nicht weniger agil.

Zurück auf den «agilen»-Boden der Realität: Ich nehme aus dem Block mit, dass Personal Agility ein kritischer Erfolgsfaktor für Agilität grundsätzlich ist und bei mir selbst beginnt. Prinzipien, die ich anwenden soll, beginne ich ebenfalls bei mir. Deshalb werde ich als nächstes meine gleichzeitig laufenden Backlogs reviewen und hinterfragen. Wenn ich die Muse dafür finde, möglicherweise auch den «Respekt mir selbst gegenüber» reflektieren. Wenn ich mit mir zum Schluss komme, dass ich die Nachhaltigkeit meiner Vorsätze durch ausreichende Retro’s verankern kann, werde ich auch diese künftig in Erwägung ziehen bis umsetzen – zumindest versuchen.

Kommunikation/Auftreten
In Teams sind wir nicht alleine, weswegen Kommunikationskompetenz und Auftreten sehr entscheidend für das Generieren eines Wertes im Team ist. Das Auftreten verstehe ich dabei als Zusammensetzung sämtlicher Teilthemen, die uns David Berger zu Personal Agility vermittelte. Das heisst, die eigene Einstellung, die Kommunikationskompetenzen inkl. Visualisierungsfähigkeiten im Team.

Ich kannte die unterschiedlichen Kommunikationsmodelle durch meine Ausbildung in Rhetorik und zur professionellen Rednerin. Bedingt durch meine Leidenschaft dafür, was ich tue und mein diesbezügliches Temperament, falle ich trotzdem und unbeabsichtigt in alte Muster zurück. Insofern kann ich mir diese Theorien nicht oft genug in Erinnerung rufen und üben. Dazu ein paar Takes:

Keine Pauschalisierungen im Dialog mit Ausdrücken wie «immer» oder einen Satz mit «nein» beginnend. Sie können auf das Gegenüber wie Speerspitzen wirken und sind durch die wertfreie, wertschätzende Beschreibung des Wahrgenommenen und Beobachtungen viel weniger scharf und bringen es trotzdem auf den Punkt.

Überbewertet finde ich die Sensibilität gegenüber dem Wort «Aber». Selbstverständlich ist es häufig die Einleitung zu einem Einwand und kann deshalb negierend und «gewaltvoller» wirken. Doch ist es nicht auch eine Frage der Kommunikationskultur? Es gibt Sprachen, da ist das «Aber» eine Ergänzung und deshalb wichtig anzuwenden. Es schliesst die Botschaft nicht aus, sondern ergänzt sie um einen weiteren Aspekt, dem ebenfalls Beobachtung geschenkt werden sollte. Abgesehen davon, dass alternative Begriffe wie «und» den Sinn und Kontext einer Mitteilung verzerren bis verunsinnigen und letztlich den Fluss der Kommunikation aus dem Flow bringen können.

Verbal, paraverbal, non-verbale Sprache
Die Übung zum Thema «Du stinkst» zeigte zweifelsfrei, wie wichtig Achtsamkeit im Feedback, bzw. in der Interaktion – auch – in agilen Teams ist. Denn bereits die Übung zeigte, dass man so viel mehr mitteilt, als man bewusst tut. Und obwohl es eine Übung war, war für mich verbal, paraverbal sowie non-verbal die Mitteilung «Du stinkst» fühlbar und authentisch.

Die Gefühle folgen den Gedanken. Gedanken steuern die Körpersprache. Die Körpersprache lügt (bei Laien zumindest) nie (non-verbal), geht der gesprochenen Sprache (verbal) eine halbe Sekunde voraus, die Stimme und Mimik folgen den Gefühlen (paraverbal) und «verifizieren» damit die mündlichen Botschaften parallel mit. Diese Erkenntnis kann mir in meiner persönlichen Agilität sehr hilfreich sein. Sei es in Interaktion mit anderen gezielt eingesetzt oder und noch wichtiger, mit der aufmerksamen Wahrnehmung auch Missverständnisse und Spannungen in Teams vermeiden.

Schade, wurde dieses Thema nicht mit der Übung «Du stinkst» kombiniert und bspw. mit Video-Übungen reflektierbar gemacht. Die Vorkenntnisse und Zeit waren genügend vorhanden um das Experiment auf den Grundlagen aufbauend einzugehen.

Bezüglich Feedback/Kommunikation nehme ich insbesondere deren beider Unterschied mit. Feedback ist die einseitige Mitteilung und Darstellung einer Wahrnehmung, während in der Kommunikation bzw. Dialogen auch die gemeinsame Lösungsorientierung integriert ist. Das erklärte mir so manche Irritation, wenn ich bei einem Feedback von einem Dialog ausgehend zur gemeinsamen Analyse- und Lösungssuche übergehen, während mein Gegenüber als Feedbackgeber keine «Ursachenerklärungen» dazu hören wollte. Als Beraterin werde ich fast ausschliesslich zur Analyse von Ursachen und Lösungssuche beauftragt und erklärte mir damit auch die Herkunft meines Verhaltensmusters.

Selbstmanagement
Ein grosses Thema im Zeitalter der Informationsflut und Dauerüberlastung. Unzählige mögliche und unmögliche Hilfsmittel, die bei meinem Selbstmanagement Entlastung bieten können.

Ich überlegte mir, welches der von David Berger vorgestellten Selbstmanagementtools und -methoden (Kanban, Pomodoro, Getting-Things-Done) ich vorziehe und warum. Ein physisches Board (Trello) manchmal, wenn es aber zu hektisch wird, vernachlässige ich das Nachführen, ob physisch oder in Form von Software/Trello. Am Bewährtesten haben sich mir Heftnotizen (Post-It), die ich mit Aufgaben beschrifte und im Sinne eines Abschluss-Rituals entfernen kann, wenn sie erledigt sind. Motivation dabei, möglichst wenig Post-It’s auf dem Tisch kleben zu haben. Doch auch hier: Sobald es zu viele Pendenzen unter Zeitdruck sind, wende ich diese Technik nicht mehr an und gehe über in eine ganz normale Papierliste und Stift. Wird die Aufgabe erledigt, streiche ich die Einzeltätigkeit durch und nehme so den Fortschritt wahr. Dazu wende ich seit Jahren auch Abkürzungen und Farben an, die mir dabei behilflich sind, Prioritäten, Kategorien etc. zu bilden. Meine Motivation bei dieser Technik ist, jede vollständig abgearbeitete Seite mit unzähligen Einzelaufgaben abreissen zu können.

Was ich noch verbessern kann ist die Reflexion nach getaner Arbeit. Obwohl es für den Lernprozess wichtig ist, die Retro durchzuführen, fehlt mir nachträglich das Interesse oder Zeit, weswegen ich nicht motiviert bin, es durchzuführen.

Unser Gehirn ist ein «Bilder-Junkie»
Mich hätte das Thema «Visualisierung» sehr interessiert, dass wir aus Zeitgründen leider nicht mehr behandelt haben und als Leseaufgabe erhielten. Im Selbststudium lernte ich folgendes:

Durch einfache Visualisierungen können die Botschaften und verbale Kommunikation hinsichtlich des Verständnisses deutlich verbessert werden. Im Kontext der Zusammenarbeit in Teams wird es relevant, etwas er-/geklärt oder diskutiert werden soll.

Ich erinnerte mich in diesem Zusammenhang an Isabel Garcias (Key Note Speakerin in Deutschland) Worte anlässlich eines Kommunikationsseminars. Sie sagte «Unser Gehirn ist ein Bilder-Junkie. Erzählt Geschichten, damit Bilder entstehen.

In den Unterlagen sind ausserdem Visualisierungsmöglichkeiten für Rollen wie ScrumMaster, Dev oder Tester abgebildet. Diese werde ich in meiner bestehenden Sammlung von Kunde, Führung etc. sicherlich auch erweitern.

Fazit 
Mit David Berger hatten wir eine Persönlichkeit, der seinen beruflichen Hafen erst gefunden zu haben scheint, nachdem er diverse Stationen vergeblich nach Werten suchte. Dies dürfte auch der Grund für sein überzeugtes Einstehen zum agilen Manifest, weiteren Prinzipien, Kommunikation und Selbstmanagement gewesen sein. Wie beabsichtigt David mit seinen Überzeugungen eine Irritation hervorrufen wollte, möchte ich nicht beurteilen. Gelungen ist es ihm auf jeden Fall. So galt die Aufmerksamkeit einzelner Teilnehmenden nur noch der Klarstellung, dass Davids Darstellungen zu einseitig, fundamental und nicht von der Agilität entstammen. Kein Vorwurf an diese Teilnehmenden, aber hier glaubte ich für mich ein gelungenes Beispiel zu beobachten, wie Being Agile zu Being Fragile werden kann, wenn bestimmte Triggerpunkte gereizt und die Selbstführung (wie man sich entscheidet, andere Ansichten zuzulassen) in verbalem und non-verbalem Widerstand endet. Oder wie es David gesagt hätte «Wir brechen klassische Projektmanagement-Antimuster!»

1 Comments

  1. David Berger

    Das konstruktive «Aber» gefällt mir. Vermutlich verbirgt sich darin – wie von dir vermutet – eine kulturelle Dimension. Das schweizerische «Aber» ist nörgelnd, relativierend, abschwächend. Ich bin persönlich mit diesem «Aber» aufgewachsen. Vermutlich existieren wirklich andere «Aber», die zum Nachdenken anregen und eine ergiebige Diskussion einleiten.

    Der Titel deiner Reflexion gefällt mir ebenfalls sehr gut. Das Modul soll einen auch sensibilisieren, wie verletzlich und gefährdet das ganze «Agile» ist, solange es von Menschen praktiziert ist.

    Ist abgenommen.

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